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Immaterielles Kulturerbe

Immaterielles Kulturerbe

Ein Fundament kultureller Vielfalt

Das immaterielle Kulturerbe ist ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen Erbes im Burgenland. Die UNESCO definiert es als lebendige Traditionen, die als Quelle kultureller Vielfalt und Garanten für nachhaltige Entwicklung dienen.

Die Blaudruck-Muster trocknen auf der Leine.

2019 trat in Österreich das Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes in Kraft. Es umfasst dabei die Hauptbereiche mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, darstellende Künste, gesellschaftliche Praktiken, Rituale und Feste, das Wissen und Praktiken in Bezug auf Natur und Universum sowie traditionelle Handwerkstechniken. Diese vielfältigen Aspekte tragen dazu bei, kulturelle Identitäten zu bewahren und zu fördern. Im Burgenland gibt es sechs Traditionen, die als immaterielles Kulturerbe anerkannt sind.

Die hier vorgestellten Traditionen und Praktiken beziehen sich auf das Burgenland. Österreichweit gibt es weitere Brauchtümer, die als immaterielles Kulturerbe ausgezeichnet sind. Darunter fallen etwa das Wissen um Samenbau und Saatgutgewinnung, das Buchbinderhandwerk oder das Erzählen von Märchen.

Original Indigo Blaudruck

Blaudruck ist ein traditionelles Färbeverfahren für Leinen und Baumwolle, bei dem weiße Muster auf blauem Grund entstehen. Dieses Verfahren geht bis ins Altertum zurück und verwendet eine Schutzmasse und Indigo zur Färbung. Der Blaudruck war früher ein wesentlicher Bestandteil der Alltags- und Arbeitskleidung im Burgenland. 2021 feierte sowohl das Burgenland als auch die Blaudruckerei Koó in Steinberg-Dörfl ihr 100-jähriges Jubiläum. Das Familienunternehmen in dritter Generation ist eine der letzten Werkstätten in Europa, die noch nach alter Technik mit natürlichem Indigo druckt. Eine Besonderheit der Blaudruckerei Koó sind die Doppeldrucke, bei denen die Stoffe auf beiden Seiten unterschiedliche Muster aufweisen. Dies war früher praktisch, da das Waschen der Kleidung mühsam war und beide Seiten einer Schürze verwendet werden konnten. Der Blaudruck hat sogar die Alltagssprache beeinflusst, wie in Redewendungen wie „Blaumachen“ und „sein blaues Wunder erleben“ zu sehen ist.

Ofen- und Kaminmauerei im Burgenland

Heute sind offenes Feuer und Feuerkammern aus Industrieanlagen fast verschwunden, doch im 19. Jahrhundert bildeten riesige gesetzte Öfen das Herz jeder Fabrik. Mit England als Vorbild hielt die Mechanisierung in der Herstellung von Papier, Brot, Waffen und Dampflokomotiven Einzug in Österreich, und damit auch im Burgenland. Ofen- und Kaminmaurer waren gefragt, um riesige Brennkammern zu bauen, die Temperaturen über 1.200 Grad Celsius dauerhaft standhielten. Dazu kamen extrem hohe Kamine zum Kanalisieren und Kühlen der Abluft. Besonders Maurerpartien aus den burgenländischen Dörfern Neutal, Ritzing und Sigless entwickelten Lösungen für diese Aufgaben. Diese burgenländischen Maurer brachten sich ihr Wissen gegenseitig bei und kontrollierten einander, was zu einer hohen Qualitätssicherung führte. Diese Tradition und das handwerkliche Können der burgenländischen Ofen- und Kaminmaurer sind ein wichtiger Teil des regionalen Kulturerbes.

Roma - die Sprache der Burgenland Roma

Die Burgenland-Roma blicken auf eine 500 Jahre nachweisbare Geschichte im burgenländischen Raum zurück, die sie auf besondere Weise prägt. Ihre Sprache, eine eigenständige Form des Romanes, wird ausschließlich im Burgenland gesprochen. Nach den traumatischen Erlebnissen des Holocausts und der anschließenden Benachteiligung in der Nachkriegszeit bemühten sich die Überlebenden um eine unauffällige gesellschaftliche Integration, die Sprache wurde als Stigma empfunden und drohte zu verschwinden. Sprache ist ein wichtiger Träger kulturellen Wissens, und das Roman bildet hierbei keine Ausnahme. Emmerich Gärtner-Horvath, der Obmann des Vereins Roma Service, erkannte den unschätzbaren Wert der Sprache. In den 1990er Jahren gelang es ihm mit wissenschaftlicher Unterstützung, das Roman zu verschriftlichen, pädagogisch für den Sprachunterricht aufzubereiten und so seiner Volksgruppe die Muttersprache wiederzugeben. 

Lieder der Lovara

Die Lovara, eine Roma-Gruppe deren Name „Pferdehändler“ bedeutet, bewahren durch ihre Lieder einen wichtigen Teil ihrer Kulturtradition im Burgenland. Diese Lieder handeln von Familie, Gemeinschaft, der Rolle des Einzelnen und der früheren Lebensweise. Sie dienen auch als Sprachspeicher, bewahren typische Phrasen und Ausdrücke, die heute selten verwendet werden. Seit den 1960er Jahren wurden Tonaufzeichnungen gemacht, um die Liedkultur zu erhalten. Dadurch können die zuvor nur mündlich überlieferten Texte nun auch schriftlich weitergegeben werden. 

Neckenmarkter Fahnenschwingen

Das Neckenmarkter Fahnenschwingen wird seit Jahrhunderten in der Gemeinde Neckenmarkt im Burgenland, insbesondere am „Tag der Fahne“ oder „Umgangssonntag“ (dem Sonntag nach Fronleichnam), aber auch bei anderen Feierlichkeiten abgehalten. Dieses Ritual erinnert an den Einsatz der Neckenmarkter Bauernmilizen im 30-jährigen Krieg und hat eine gemeinschaftsbildende Funktion im Ort. Das Wissen um die Durchführung und Technik des Fahnenschwingens, die Rollenverteilung sowie die Aufrechterhaltung und Restaurierung der Tracht wird innerhalb der verantwortlichen Burschenschaft und Gemeinde von Generation zu Generation weitergegeben. 

Das Handwerk der burgenländischen Zuckerbäckerei

Die Zuckerbäckerei ist im Burgenland mehr als nur ein Handwerk – sie ist ein lebendiges immaterielles Kulturgut, das die Region prägt und begeistert. Mit viel Liebe, Tradition und handwerklichem Geschick werden in den Backstuben kunstvolle Köstlichkeiten hergestellt. Besonders die burgenländische Hochzeitsbäckerei gilt als wahre Besonderheit. Sie verbindet regionale Zutaten, traditionelle Rezepte und filigrane Handarbeit zu süßen Meisterwerken, die bei Hochzeiten und anderen festlichen Anlässen im Mittelpunkt stehen.

Die Vielfalt der Kreationen, von zarten Kipferln und kunstvoll dekorierten Torten bis hin zu den typischen "Hochzeitskrapferln", erzählt von der kulturellen und kulinarischen Identität des Burgenlandes. Diese Spezialitäten sind nicht nur ein Gaumen-, sondern auch ein Augenschmaus – sie werden oft mit feinen Glasuren, filigranen Mustern und aufwendigen Dekorationen versehen, die ihre Herstellung zu einem Ausdruck höchster Präzision machen.

Die Tradition wird seit Generationen weitergegeben, wobei jede Familie oft ihre eigenen Geheimrezepte bewahrt. Dieses lebendige Kulturerbe verbindet Vergangenheit und Gegenwart und lädt dazu ein, die süßen Seiten des Burgenlandes bei besonderen Anlässen oder einfach als Genussmoment im Alltag zu entdecken.

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